Ich riss meine Augen auf.

Nacht. Ich sehe die Sterne über mir, um mich herum die Spitzen von großen Bäumen. Ich hörte das Knistern eines Feuers, leise Geräusche der Nacht. Ich fühlte keinen Schmerz, gar nichts. Es ging mir eigentlich sogar gut. Ich lag unter einigen Decken in einem hölzernen kleinen Wagen. Ich erinnerte mich.

Diese Geschöpfe… der schöne, ruhige Gesang… dieser… merkwürdige Gesang. Sie betäubten mich. Die Erinnerungen kamen zurück. Meine Tochter. Meine Familie. Diese ganzen Südländer. Die Geschöpfe. Ich wusste nicht wo ich war, aber es musste im Süden sein. Ich war in ihrem Land! Diese Geschöpfe gehörten zu ihnen! Aber ich drehte nicht durch. Ich blieb still. Sie dürften mich nicht hören, wenn sie denn in der Nähe waren.

Langsam strich ich die Decken zur Seite. Ich trug ein langes Hemd aus Stoff, viel zu dünn. Dazu noch meine Lederhose und meine Stiefel. Mein Oberkörper war übersäht mit meinen Narben und Verbänden. Hals und Mund waren immernoch abgebunden. Ich richtete mich leise und geduckt etwas auf. Ein Stück vor mir knisterte ein Lagerfeuer und jemand schlief dort. Es war bestimmt eines dieser unheilbringenden Geschöpfe! Ich war mir sicher. Sie arbeiteten mit diesen Bastarden zusammen. Ich musste sie töten, wenn ich entkommen wollte.

Von dem zweiten Geschöpf fehlte jede Spur. Ich sah auf den Boden, nahm einen handlichen, runden Stein und wusste ganz genau, was ich tun würde. Zwei leise Schritte machte ich noch, dann entlud sich mein gesamter, verdammter Zorn und ich sprang auf die Gestalt am Boden, hieb sofort auf den Punkt ein, wo das Haar aus der Decke lugte. Es geschah nichts, also hiebte ich weiter darauf ein, dann knackte es ekelhaft und Blut spritzte durch die Stoffdecke. Ich wurde wahnsinnig, konnte aber durch die ganzen Verbände nicht schreien. Mein gesamter Körper schmerzte und die meisten meiner Sinne sagten mir, dass ich etwas falsches tue, aber der Zorn war stärker.

Ich schlug immer wieder auf den Schädel ein, immer wieder… immer wieder. Immer wieder. Ich stolperte zurück, versuchte ruhig zu atmen. Das Geschöpf war tot. Als ich die Decke zurückzog, sah ich es. Es war die Frau gewesen. Ich hatte die Frau getötet. Jetzt richtete ich mich vorsichtig auf. Immernoch hörte ich nur das Knistern des Feuers, die leisen Geräusche der Wälder und doch… etwas war anders.

Ich ließ den Stein fallen. Blut tropfte von meinen Händen und meinem Gesicht. Ich sah auf jenes und es war… anders. Nicht wie das von normalen Südländern… irgendetwas… stimmte nicht. Ich fühlte mich auf einmal schlecht. Unglaublich schlecht. Ich geriet ins Wanken. Mein Kopf drehte sich. Was ging hier vor? Ich bekam Angst und rannte einfach irgendwo drauflos.

Keine Ahnung in welche Richtung ich rannte. Es war mir egal. Ich wollte dieses Blut von mir abkriegen! Es machte mir Angst. Es war anders. Ich wollte es nicht an mir haben, nicht einmal in der Nähe davon sein! Dann hörte ich es… Ein Geräusch, sich wiederholend. Galopp. Ein Pferd. Ich musste mich beeilen! Der Andere würde meine Tat bemerken und mich töten. Ich musste weg.

Ich kam aus dem Wald auf eine Lichtung. Dort auf der anderen Seite war ein Fluss der urplötzlich im Himmel unterbrach. In der Ferne lag Nebel. Wo war ich hier? Am Ende der Welt? Ich rannte über die Lichtung und von ganz weit hinter mir, hörte ich ein grausames, schmerzvolles Geschrei. Es ließ mir das Blut gefrieren und dann war das Pferd wieder mit den Geräuschen da… Nur sehr viel schneller. Ich spürte etwas gefährliches hinter mir. Etwas das keine Ruhe finden würde, bis es mich hatte. Durch meine Tat, hatte ich ein Monster heraufbeschworen. Es würde mich kriegen! Ich musste zu dem Fluss! Lieber spränge ich über den Rand der Welt, als von diesem Geschöpf getötet zu werden!

Ich kam am Fluss an und es war nicht das Ende der Welt. Es ging eine tiefe Klippe hinab. Ein Wasserfall, nur sehr viel tiefer und größer. Das Pferd kam näher. Ich drehte mich um und schrie sofort vor Schreck und Angst auf.

Aus dem Wald brach das Pferd mit dem anderen Geschöpf darauf heraus. Einen Bogen in der linken und mehrere Pfeile in der rechten Hand. Ich wusste nicht, ob es Einbildung war. Aber dieses Geschöpf glühte mich mit roten Augen an und speite Feuer, als es ein Wort brüllte, dass ich nicht verstand.

“VALARAUKO!”

Der Dämon raste auf mich zu und ich rannte auf die Klippe zu. Lieber platt, als verbrennen. Nur noch wenige Schritte! Ich rannte um mein Leben. Der Dämon hinter mir. Ich hörte das knarren der Sehne, als ein Pfeil gespannt wurde und sprang an der Klippe ab in den Wasserfall.

Ich schrie noch im Sprung auf, als mich zwei Pfeile im Rücken trafen! Sie durchbohrten meinen Körper und rissen auch noch Haut auf meinem Oberkörper vorne mit sich. Ich fiel in die reißenden Strömen nach unten in die Dunkelheit.

Ich erfuhr erst sehr viel später, was es für Geschöpfe waren und kann einfach nur froh sein, dass er dachte mich getötet zu haben. Ich werde nie jemandem erzählen, was ich getan habe. Aber wem sollte ich das auch erzählen?

- Auszug aus Valens Tagebuch, Neun Jahre vor seiner Ankunft in Bree

This entry was posted on Freitag, Februar 11th, 2011 at 13:01 and is filed under Valen Ráca. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

5 comments so far

Tarona
 1 

* Nach Luft schnapp* Manno verdammt Du bist unverschämt gut.

Februar 11th, 2011 at 15:16
Geldromir
 2 

du… eigentlich wollt ich dir ja kein kommi mehr gönnen-.- geht nich anders… freu dich drüber und schreib weiter……….

Februar 12th, 2011 at 12:32
Eletta Rosendorn
 3 

*blinzel* Wow…
Mag ich.
Sehr hübsch.
Unverschämt gut… *nickt* da stimm ich zu.
Weiterschreiben… *nickt zweimal* Japp, ebenso.

Februar 12th, 2011 at 13:29
Hiodir
 4 

sehr schön

Februar 12th, 2011 at 18:01
Sarolan
 5 

Ja das ist wirklich sehr gut geschrieben.

Februar 13th, 2011 at 03:20

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